Was «knackst» bei Gelenkmanipulationen?
Die Wissenschaftliche Untersuchung des Gelenkknackens gibt es seit den 1930ern. Frühe Theorien vermuteten, dass das Geräusch vom Straffen der Gelenkkapsel stamme, wenn es in eine bestimmte Richtung oder in bestimmtem Winkel bewegt wird. Später, dass es von der Vibration des Gewebes komme, wenn das Gelenk weiter als seine gewöhnliche Reichweite bewegt wird.
1971 publizierte ein Forschungsteam der University of Leeds die Theorie, dass der Kollaps kleiner Gasbläschen in der Gelenkflüssigkeit das Geräusch verursacht.
Diese Theorie bewährte sich unteranderem dadurch, dass ein frisch geknacktes Gelenk für etwa 20 Minuten nicht noch einmal zum Knacken gebracht werden kann. Das legte nahe, dass die kollabierten Bläschen sich zunächst erneuern mussten.
2015 zeigte ein Forschungsteam aus Kanada und Australien allerdings unter MRT, dass die Bläschen in der Gelenkflüssigkeit bestehen bleiben, auch nachdem ein Gelenk (hörbar) manipuliert wurde.
Erst 2018 kommt Licht ins Dunkle
Die Autoren der momentan neusten Studie (2018) – Forscher in Stanford, Kalifornien und dem École Polytechnique in Palaiseau – entwickelten ein mathematisches Modell des dritten Finger-Mittelhandgelenks um die Limitationen bildgebender Verfahren (MRT und Röntgen) bei der Darstellung von Bläschen mit einem Radius von nur 200 Mikrometern zu umgehen. Das Modell simulierte die Manipulation des Gelenks, der Gelenkflüssigkeit und Bläschen im Zusammenspiel verschiedener Faktoren.
Die erste Simulation war ein Prozess der „Tribonukleation“ – die normale Annäherung und Entfernung der in Gelenkoberflächen in der -flüssigkeit während normaler Nutzung des Gelenks. Diese ständige Bewegung führt zu einem Unterdruck in der Gelenkflüssigkeit unter welchem sich die Gasbläschen formieren.
Aus diese Ausgangssituation wendeten die Autoren eine Formel (Rayleigh-Presset- Gleichung) an, welche die Dynamik sphärischer Bläschen in einem unendlichen Körper (nicht komprimierbarer) Flüssigkeit beschreibt. Mit dieser Gleichung führte die Bewegung des mathematischen Gelenks zum Kollaps der simulierten Bläschen welcher den korrekten Ton verursachte.
Laut diesen neusten Erkenntnissen kollabieren die Bläschen nur teilweise und ziehen sich auf eine kleinere Größe zusammen. Die Schnelligkeit der Reaktion verursacht einen unschwer hörbaren Ton, die Bläschen selbst bleiben in ausreichender Zahl und Größe zurück um auf bildgebenden Verfahren sichtbar zu sein.
Die Zeit bevor das Gelenk erneut hörbar manipuliert werden kann ist so lang wie die Tribunukleation braucht um neue Bläschen zu formen und die vorhandenen zu vergrößern.
Aus der osteopathischen Praxis
Für die freie Beweglichkeit eines Gelenks muss die Gelenkflüssigkeit innerhalb der Gelenkkapsel frei zirkulieren können. Grössere Gasbläschen könnten sich demnach negativ auf diese Zirkulation auswirken und als Blockade-Gefühl spürbar werden. Weitere Forschung wird nötig sein um den therapeutischen Effekt von manualmedizinischen Manipulationen zu untersuchen.